Mahlzeit_Einleser_Vorwort_Kap50 - page 8

8
an die Zunahme von immer größer werdenden Bildbänden,
an die zahlreichen trivialen Ratgeber für alle Lebenslagen
und nicht zuletzt an e-books.
Ganz wird aber Gutenbergs Erfindung in diesem Jahrtausend
nicht verschwinden. Die Autoren müssen aber akzeptieren,
dass es Bücher nicht mehr nur in Regalen und auf
Schreibtischen gebildeter Menschen gibt, sondern auch auf
Wohnzimmertischen, auf dem Nachtschränkchen, auf dem
Frühstückstisch, neben dem Liegestuhl und manchmal sogar
auf der Toilette. Man kann darin blättern, zuerst mit
bestimmten Themen beginnen, manches überspringen oder
gar überfliegen, anderes mehrmals lesen. Das alles macht uns
nicht zum Kulturbanausen. Aber, und das sollte man
bedenken, es macht es dem Autor auch nicht einfacher. In
diesem Fall stand Gerhard zum Beispiel vor der Frage: Wie
krieg ich die Sprünge zwischen den verschiedenen Ebenen so
hin, dass die Geschichten nicht holpern und man sie auch als
Ganzes lesen kann?
Gerhard versuchte es mit Fußnoten. Dorthin weicht er aus,
wenn allzu Sperriges das Lesen erschweren würde.
Aufgeteilt sind sie, und das ist nach meinem Wissensstand
neu, in drei Gruppen:
Quellen, wie man sie aus wissenschaftlichen
Büchern kennt.
Links, die zu weiteren Informationen führen,
wie bei Google.
A propos, was dem Autor noch so einfällt, aber im
Text aus dem Rahmen fallen würde.
Für alle drei Gruppen gibt es entsprechende Vignetten, ein
Wort, das sich laut Gerhard von dem französischen Wort für
Weinberg,
also „vigne“ ableitet.
Die ersten Vignetten
befanden sich auf Schildern französischer Winzer. Sie
kennzeichneten am Rande der Weinberge die jeweiligen
Rebsorten.
Worauf Gerhard und ich uns einigen konnten:
In den
Geschichten werden bewusst auch Namen genannt. Leute,
die in der Öffentlichkeit standen oder noch stehen,
kennen das. Sie wissen auch, dass sie, so wie Autor und
Verleger,
nur einen begrenzten Persönlichkeitsschutz
genießen.
Die anderen,
deren Privatleben stärker
geschützt ist, bleiben in dem Buch in ihrer Anonymität.
Auch Restaurants und Firmen werden nicht umschrieben.
Im alltäglichen Gespräch sagen wir ja auch: „Wir waren
im Stiefel“ und nicht „Wir gingen in ein nach einer
Fußbekleidung benanntes Saarbrücker Restaurant am St.
Johanner Markt“. Für keine einzige Namensnennung,
auch die von Firmen,
haben wir Geld oder einen
geldwerten Vorteil bekommen.
Bei dem Gebrauch des Wortes „Freund“ konnte ich mich
nicht durchsetzen. Gerhard besteht auf dem französischen
Sprachgebrauch. Dieser ist anders als der deutsche. Bei
seinem Umzug nach Südfrankreich zur Jahrtausendwende
habe er einiges in Deutschland zurückgelassen, unter
anderem den deutschen Gebrauch des Begriffes „Freund“.
Dieser ist ihm, so Gerhard wörtlich, zu sehr geprägt von
Schillers „Bürgschaft“. Man hat mit Freunden gefälligst
durch Dick und Dünn zu gehen, man erkennt sie erst in
der Not und es gibt vor allem weniger davon als man
glaubt.
1,2,3,4,5,6,7 9,10,11,12,13,14,15,16
Powered by FlippingBook